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Filme
Immer wieder werde ich in Gesprächen oder E-Mails gefragt, ob ich neben Büchern auch interessante Filme empfehlen kann, die sich mit transidentischen Fragen befassen. Auch hier gilt: Es gibt zwar eine ganze Reihe von entsprechenden Listen, aber nur wenige sind kommentiert.
So habe ich denn begonnen, mir nicht nur eine langsam wachsende Sammlung mit DVD's und VHS-Kassetten anzuschaffen, sondern sie auch zu kommentieren. Dabei interessieren mich nur Filme, in denen TS, TV oder andere transidentische Menschen mit ihren Gefühlen und Erfahrungen im Mittelpunkt stehen oder wenigstens eine wichtige Nebenrolle einnehmen. Nicht interessieren mich dagegen Verkleidungsklamotten a la Charley's Tante, die sich nur auf unsere Kosten lustig machen, und Krimis und Horrorfilme, in denen Transvestiten oder Transssexuelle als krankhafte Bestien dargestellt werden.
Die meisten der aufgelisteten Filme sind im Handel und über die Versandhäuser als DVD oder VHS-Kassette erhältlich. Deutschland 2004. Hauptdarsteller: Martin Weiß, Moritz Bleibtreu, Herbert Knaup, Katja Riemann. Regisseur: Oskar Roehler Dieser Film handelt von der Transsexuellen Agnes und ihren beiden Brüdern. Werner ist ein karrieresüchtiget Politiker, der einen Ehekrieg austrägt, Hans-Jörg ein neurotischer und sexsüchtiger Looser. Und dann ist da auch noch deren alkoholabhängiger Vater. Hinter der Fassaden spielen sich Dramen ab. Am Ende hat man den Eindruck, dass Agnes das einzige natürliche und humane Wesen in dieser Familie ist. Der Film ist eine Mischung aus Satire und Melodram auf hohem Niveau. "Alles über meine Mutter" Spanien 1999. Hauptdarsteller: Cecilia Roth, Marisa Paeredes, Penelope Cruz. Regisseur: Pedro Almodovar. Dieser Film wurde von dem bekannten spanischen Regisseur Pedro Almodovar gedreht. In mehreren seiner Filme kommen Transvestiten und Transsexuelle vor, in diesem Film gleich mehrere. Die Hauptdarstellerin Manuela sucht nach dem Tod ihres Sohnes dessen Vater und findet ihn in Madrid als schwer kranke Transsexuelle. Dort baut sie ihre Wahlfamilie auf, zu der auch weitere Transsexuelle gehören. "Alles über meine Mutter" ist hohe Filmkunst, unterhaltsam, aber auch sehr anspruchsvoll, keine leichte Kost. Thailand 2005. Hauptdarsteller: Asanee Suwan, Sorapong Chatree, Orn-Anong Panyawong. Regisseur: Ekachai Uekrongtham. Der kleine Nong Toom fühlt als Mädchen und beginnt eine Karriere als Kick-Boxer, um seine geschlechtsangleichende Operation finanzieren zu können. Nach und nach wird sie selbstbewusster, was sich zum Beispiel darin ausdrückt, dass sie sich für ihre Boxkämpfe schminkt und ihre Gegner dadurch irritiert. Ein einfühlsamer Film mit einer Geschichte, die nur auf den ersten Blick widersprüchlich scheint. "Better Than Chocolate" Kanada 2001. Hauptdarsteller: Wendy Crewson, Karyn Dwyer, Peter Outerbridge. Regisseurin: Anne Wheeler. Dies ist ein Film aus Kanada, der im Lesben-Milieu spielt und in dem die Transsexuelle Judy eine Nebenrolle hat. Das Thema Transidentität steht aber nicht im Vordergrund. Der Film ist eine nette und intelligente Komödie, gute Unterhaltung. "Breakfast on Pluto" Irland/Großbritannien 2005. Hauptdarsteller: Cillian Murphy, Liam Neeson, Ruth Negga, Laurence Kinlan, Stephen Rea, Regisseur: Neil Jordan. "Breakfast on Pluto" ist nach "The Crying Game" bereits der zweite Film des irischen Regisseurs Neil Jordan mit transidentischem Thema. Er basiert auf dem gleichnamigen Roman von Patrick McCabe, weicht aber in vielen Punkten von der Buchfassung ab. Patrick "Kitten" Brady wächst im prüden, erz-katholischen Irland bei seiner Pflegemutter auf. Sein Vater ist ein katholischer Pfarrer, der seine minderjährige Haushaltshilfe schwängerte. Schon als Kind wünscht er sich nichts sehnlicher als ein Mädchen zu sein und trägt mehr oder weniger heimlich Mädchenkleider. Nach einem Streit mit der Pflegemutter reißt Kitten aus und gerät unter umherziehende Musiker und IRA-Aktivisten. Auf der Suche nach der Mutter geht Kitten nach London und verdient den Lebensunterhalt mit Gelegenheitsjobs, in Bars und auf dem Strich. Anders als in dem Buch, wo die Suche nach der Mutter keine große Rolle spielt, wird Kitten von diesem Ziel getrieben. Am Ende findet Kitten ihre Mutter ohne sich ihr aber zu offenbaren. Ich fand diesen Film große Klasse, und zwar in mehrfacher Hinsicht: Die Story ist schön, die handelnden Figuren sind sympathisch, die Musik (Hits der 70er Jahre von den Rubettes bis George McCrae) ist nostalgisch, die Bilder sind gut, und viele filmische Details runden den Gesamteindruck ab. Großbritannien 1992. Hauptdarsteller: Stephen Rea, Miranda Richardson, Jaye Davidson, Forest Whitaker. Regisseur: Neil Jordan. Dieser Film, den ich nur als VHS-Kassette habe und der 1993 eine Oscar bekommen hat, geht unter die Haut. Der IRA-Terrorist Fergus wird von einer Geisel, deren Vertrauen er gewonnen hat und die kurz nach ihrer Begegnung getötet wird, gebeten, sich um seine Freundin Dil zu kümmern. Fergus findet sie nach einigem Suchen und freundet sich mit ihr an. Der Film hat ein Geheimnis, das mit Transsexualität zu tun hat, das ich aber nicht verraten möchte, weil dann die Spannung verloren geht. Dieser Film hat eine prickelnde Dramaturgie. "Just like a Woman" Großbritannien 1992. Hauptdarsteller: Julie Walters, Adrian Pasdar. Regisseur: Chris Monger. Der Transvestit Gerald wird von seiner Frau aus dem Haus geworfen, nachdem sie einen Stapel fremder Frauenkleider in der Wohnung findet. Er zieht zur Untermiete bei der frisch geschiedenen Monica ein. Diese findet nicht nur Gerald sympathisch, sondern akzeptiert auch Geraldine und lockt sie aus ihrer Reserve. Am Ende machen beide gemeinsam dem ehemaligen Chef von Gerald als Unternehmensberaterinnen ein lukratives Geschäft zunichte. Ein schöner Film, der TV's auf wirklich sympathische Weise darstellt. Ich besitze den Film nur auf Englisch. Eine deutsche Synchronisierung existiert, mir ist aber nicht bekannt, ob sie auch auf DVD erhältlich ist. "Der kleine Unterschied" USA 1997. Hauptdarsteller: Steven Mackintosh, Rupert Graves. Regisseur: Richard Spence. Die transsexuelle Kim trifft nach längerer Zeit einen Jugendfreund, der sie, als sie noch ein Junge war, immer beschützte. Nach und nach freunden sie sich wieder an, geraten dabei aber in Verwicklungen und Turbulenzen, aus denen am Ende eine intensive Liebe entsteht. Sehr zu empfehlen. "Ma vie en rose Frankreich/Belgien 1997. Hauptdarsteller: Michèle Laroque, Jean-Philippe Ecoffey, Helène Vincent, Georges du Frèsne. Regisseur: Alain Berliner. Der kleine Junge Ludovic möchte lieber ein Mädchen sein und Kleider tragen. In seiner Familie wird er nur von der Großmutter verstanden. Die Nachbarn reagieren zuerst mit Belustigung, dann mit Hass und Aggression. Am Ende wird die Familie gezwungen, aus der Nachbarschaft wegzuziehen. Dies ist ein tragikomischer Film von einem Kind, das seine Transsexualität entdeckt und auf seine Art damit umgeht. Der Film handelt aber vielleicht noch mehr von der Reaktion der Familie und der Nachbarschaft, die hiermit vollkommen überfordert sind. "Die Männer ihrer Majestät" Deutschland/USA 2000. Hauptdarsteller: Matt LeBlanc, Nicolette Krebitz. Regisseur: Stefan Rudzowitzky. Eigentlich wollte ich ja keine Filme nach dem Muster von Charley's Tante vorstellen. Aber dieser ist noch einer von der besseren Sorte. Eine kleine Gruppe von US-Soldaten wird in den letzten Monaten vor Ende des Zweiten Weltkriegs in Deutschland zu einer Spionageaktion eingeschleust. Da in Deutschland alle Männer an der Front sind, würden sie aber sehr auffallen. Deshalb verkleiden sie sich als Frauen. USA 2003. Hauptdarsteller: Jessica Lange, Tom Wilkinson. Regisseurin: Jane Anderson. "Normal" spielt im ländlich-konservativen Mittleren Westen der USA. Roy und Irma sind seit 25 Jahren verheiratet, als Roy ihr eröffnet, dass er schon immer eine Frau sein wollte und nur als Frau weiterleben kann. Für Irma, die von einer erstklassigen Jessica Lange gespielt wird, bricht eine Welt zusammen. Roy zieht aus und macht seine ersten unbeholfenen Gehversuche als Frau. Ihre bigotte Kirchengemeinde schließt Roy aus, was Irma Roy wieder näher bringt. Irma spürt, dass sie den Menschen Roy liebt, und entschließt sich am Ende, mit Roy zusammen zu bleiben. Dies ist ein ernsthafter und nachdenklicher, aber zugleich auch heiterer und optimistischer Film. "Orlando" Großbritannien 1992. Hauptdarsteller: Tilda Swinton, Billy Zane. Regisseurin: Sally Potter. Dies ist die Verfilmung des berühmten Romans von Virginia Woolfe über Orlando, der im 16. Jahrundert in London als Mann geboren wird und mehrere Jahrhunderte durchlebt, ab einem Aufenthalt in der Türkei als Frau. Sehr anspruchsvoll.
"Thelma" Schweiz 2001. Hauptdarsteller: Pascale Ourbih, Laurent Schilling, Nathalia Capo d'Istria. Regisseur: Pierre-Alain Meier. In dem schweizerischen Spielfilm "Thelma" aus dem Jahr 2001 spielt die aus Algerien stammende transsexuelle Pascale Ourbih eine TS, die zusammen mit einem Taxifahrer auf Kreta ihren Ex-Liebhaber sucht, von dem sie Geld erwartet. Dort trifft sie auch ihre Ex-Frau und lernt ihre Tochter kennen, die nichts vom Leben ihres Vaters weiß. Der Film ist eine gefühlsbetonte Auseinandersetzung mit dem Thema Transsexualität, mit den Täuschungen und Selbsttäuschungen, Geheimnissen, Widersprüchen und Verletzungen, die das Leben vieler Transsexueller prägen. Trotz eines in manchen Punkten unlogischen Drehbuchs ist er sehr gelungen. Pascale Ourbih überzeugt als Hauptdarstellerin. Leider hat sie seither nicht mehr in einem Film mitgewirkt. Die Gründe sind mir nicht bekannt.
"Agnes und seine Brüder"
"Beautiful Boxer"
"The Crying Game"
"Normal"
"Transamerica"
USA 2005. Hauptdarsteller: Felicity Huffman, Kevin Zegers. Regisseur: Duncan Tucker.
Transamerica handelt von der Transsexuellen Bree, die kurz vor ihrer OP von einem ihr bis dahin unbekannten Sohn erfährt. Ihre Psychotherapeutin besteht darauf, dass sie sich noch vor der OP mit ihm trifft und ihre Beziehung zu ihm klärt. Bree holt ihren Sohn Toby, ein Stricher und Junkie, in einem Gefängnis in New York ab und reist mit ihm in einem schrottreifen Auto quer durch die USA. Auf dieser Reise gewinnt Bree eine ganze Reihe von Erkenntnissen über sich und die Welt, die ihr bisher unbekannt waren. Wie die meisten amerikanischen Filme ist dies gute Unterhaltung, aber durchaus von der anspruchsvolleren Art. Ich würde den Film empfehlen.
"Wild Side"
Frankreich 1999. Hauptdarsteller: Stéphanie Michelini, Yasmine Belmadi, Edouard Nikitine, Josiane Stoléru. Regisseur: Sébastien Lifshitz.
Dieser Film aus Frankreich handelt von einer Transsexuellen, die sich als Prostituierte in Paris durchschlägt und in Begleitung zweier Freunde zu ihrer schwer kranken Mutter in das ländliche Nordfrankreich zurückkehrt. Dort reflektiert sie ihr bisheriges Leben und ihre Beziehungen zu ihrer Familie und zu ihrer Heimat. Das ist ein wunderschöner, aber auch anspruchsvoller Film mit tollen Bildern.